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Interview von Barney Ashton (Oktober 2005)

Ich möchte gerne wissen, wie es war, ein kleiner Junge mit großen Träumen an einem regnerischen Wochenende in Wigan zu sein?

Meine Familie war im Bergbau tätig und jeder schien in einer Fabrik oder so zu arbeiten. Jeglicher Ehrgeiz, den ich besaß, schien nicht die geringste Chance zu haben, sich zu verwirklichen. Ich glaubte tatsächlich, ich würde DJ werden und dachte, es wäre eine tolle Art, Geld zu verdienen, wenn man all die Platten, die man mag, spielte. Ich war früher DJ in einem Jugendclub und legte meine damalige Lieblingsplatte immer wieder auf und trieb damit die anderen zum Wahnsinn. Wir hatten kein Geld, waren sehr arm und lebten ohne viel Komfort, aber wir waren glücklich. Meine Eltern hatten vier Mäuler zu stopfen und wir kamen so gerade über die Runden. Trotzdem fuhren wir jedes Jahr nach Cornwall in den Urlaub. Ich dachte nur, ich werde etwas normales machen. Ich verdiente mir noch etwas Geld als Zeitungsjunge hinzu und an Samstagen half ich manchmal aus, Brot für eine ortsansässige Firma auszuliefern. Ich war auch ziemlich unternehmerisch. Jeder schien Hecken im Garten seines Grundstücks zu haben und ich bekam 10 Pence, wenn ich sie schnitt. Ich hatte den ganzen Tag verdammt hart gearbeitet, um gerade mal 50 Pence zu bekommen und dann bin ich gleich los und habe mir mit diesen 50 Pence eine Platte gekauft. Meine Eltern dachten, ich sei total verrückt. Dann nahm ich natürlich diese Scheibe, meine stolze neue Errungenschaft, eine Single, ging in den Jugendclub und spielte sie immer wieder, bis sie total abgenutzt war. Das gab mir das Gefühl, die Musik zu kontrollieren und in ihr zu flüchten.

War der dortige Plattenladen wie eine Zeitmaschine der Träume, ein Vergnügungsdom, in den man flüchten konnte?

Absolut! Wenn ich jetzt daran zurückdenke, war es doch erstaunlich, dass es damals in meiner Gegend Pemberton (ein Vorort von Wigan) überhaupt einen Plattenladen gab, er ist aber heute nicht mehr da und so wie auf vielen Haupteinkaufsstraßen ist es heutzutage nichts mehr besonderes. Aber es war schon aufregend, in diesen Plattenladen zu gehen und sich die Top Twenty anzuschauen. Meistens war man jedoch hinter einer bestimmten Scheibe her, für die man alles tat, um sie zu ergattern. Die Wirklichkeitsflucht in die Musik brachte mich zu einem zauberhaften Ort, so, als wenn man in ein gutes Buch versinkt. Aber ich schätze, dass es anderswo immer besser aussieht. Ich wollte immer woanders sein als "hier und jetzt". Ich liebte diese alten Platten und las jeden Namen auf den Plattenhüllen. Zuerst war ich besessen, aber später entwickelte ich eine wahre Leidenschaft für alles, was irgendwie mit Platten oder Musik zu tun hatte.

War es ein wenig wie, um hier Jarvis Cocker zu zitieren, als wenn die Musik, die du dir gerade anhörtest, so eine Art Soundtrack für den Film, der dein eigenes Leben war, erschuf?

Auf jeden Fall, aber ich hatte es zu dem Zeitpunkt natürlich nicht erkannt. In unserer Siedlung gab es einen kleinen Spinner und wir hatten einen Namen für ihn, kann mich aber nicht dran erinnern, welchen, aber er nahm seine Stereoanlage, die so groß war, dass er sie kaum tragen konnte, überall mit hin und spazierte damit bei voller Lautstärke herum, und oh, der Preis für Batterien!! Er war etwas seltsam und die Leute beschimpften ihn. Auch wenn er vielleicht ein komischer Kauz war, so trug er jedoch den Soundtrack seines Leben buchstäblich mit sich herum, wie so eine Art Ghettoblaster Kruzifix, so wichtig war die Musik für ihn. Ich war keinesfalls so schlimm, aber ich war sicherlich auf dem Weg dorthin. Ich saß im Klassenzimmer ganz hinten mit einem dieser schlimmen Mono Transistor Radios. An eine Sache in Bezug auf Musik erinnere ich mich noch gut, und zwar war es so, dass wir bei Spielen in der Schule oft laufen mussten und zwar wie wir es nannten querfeldein und ich nahm dann mein Radio mit und es lief "Close To You" von The Carpenters. Es war damals ein großer Hit und bei den ersten Takten dieses Songs fällt mir wieder ein, wie aufgeregt ich dabei war und dachte "Oh mein Gott, mein Gott, es ist diese Platte!!" Deshalb ja, Songs wie dieser und eine Menge früher Motown Sachen sind für mich sicherlich der Soundtrack meines frühen Lebens.

Cliff Richard erzählt heute noch von einigen frühen Rock ‘n’ Roll Platten, von denen er eine Gänsehaut bekommt, wenn er sie hört; gab es bei dir ein paar Titel, die dich während den Entwicklungsjahren, als du damit begonnen hast, dein musikalisches Bewusstsein zu erlangen, beeinflusst haben und die dich heute noch berühren?

Oh Gott ja! "Band Of Gold" von Freda Payne, "Ain't No Mountain High Enough" von Diana Ross and The Supremes, Motown Kram wie du siehst..... ich habe mir neulich ein Motown TV Special angeschaut und ich war völlig entsetzt. In gewisser tragischer Hinsicht gibt es so viele Informationen in der heutigen Welt und Analytiker analysieren alles zu Tode, aber ich wollte nicht, dass dies geschieht, weil mir die Illusion meiner Erinnerungen gefiel. Eines der erstaunlichen Dinge über diese frühen Motown Platten waren die Illustrationen, die man nun auf den CDs sieht. Eine der Chartbuster Veröffentlichungen hat diesen silbernen Stern auf dem Cover und auf jeder Linie des Sterns stand ein Songtitel und ein Künstler, Marvin Gaye, Diana Ross, Smokey Robinson usw. Deshalb ja, diese frühen Motown Hits waren genau diejenigen Songs, die mir eine Gänsehaut verpassten und es ist heute noch so!!

In deiner Biografie steht geschrieben, dass einer deiner ersten öffentlichen Auftritte in London als Gast bei "Polly Perkins" in den 70ern gewesen ist, wo du "I've got the music in me" gesungen hast, was hattest du in den 70ern noch in dir?

Oh du sagst das mit so einem Funkeln in deinem Auge, du böser Junge......Ich hatte einen brennenden Ehrgeiz "in mir", einen richtigen Lebenshunger! Allein schon in London zu sein, war dermaßen aufregend. Ich glaube nicht, dass ich zu dem Zeitpunkt wusste, wie wichtig es für mich war, dort zu sein. Ich dachte, das muss der Ort sein, wo alles passiert ... und so war es dann!!

War Wigan eigentlich ein Seelenzustand oder eine Haut, die du abwerfen musstest?

Nun, Naiverweise glaubte ich, es wäre eine Haut, die ich abwerfen müsste. Ich erinnere mich, dass ich damals dachte, niemanden erzählen zu dürfen, dass ich aus Wigan bin. Ich versuchte ganz bewusst, mich von meinem Akzent zu befreien. In ganz alten Limahl Interviews, wirst du feststellen, dass ich sogar ein bisschen nach London klang, ein sehr sauberer Akzent. Aber wir leben heute in einer Gesellschaft, die Akzente begrüßt und als Zuhörerschaft begrüßen wir den heimischen Touch. Zu jener Zeit dachte ich, es würde wirklich meine Chancen beeinträchtigen, wenn ich eine Art "Coronation Street" Akzent hätte, was im Grunde genommen Wigan ist. Ja, ich versuchte sie loszuwerden. Ich schätze, ich hatte irrtümlicherweise geglaubt, Wigan hätte nichts, was jemanden interessieren könnte, anzubieten. Im Rückblick war es wichtig, dort aufzuwachsen, denn nur so kam in mir der brennende Wunsch auf, auszubrechen und die weite Welt kennen zulernen und jemand anderes zu sein.

Wenn man an die Vielfalt deiner Talente, wie Schauspielerei, Bühnenshow, Singen, Texte schreiben, denkt, setzt sich aus dieser Mischung die Marke Limahl zusammen. Daher möchte ich von dir wissen, was Limahl ist? Bist du das, ist es eine Art Akt oder ist es ein Lebensstil?

Es ist eine Erweiterung von mir ... oben im Norden in den "Clubs der Arbeiter" würde man dich als "der Akt" oder "die Nummer" bezeichnen. Manchmal werde ich bei meinen beruflichen Verhandlungen noch immer "der Akt" oder "der Künstler" genannt. Es gibt natürlich ein Element des Schauspielerns in jeder Bühnenshow, aber es ist eine Schauspielerei in einer herzlichen Art und Weise, in der ich versuche, kreativ und emotional zu sein, sowie eine Verbindung mit dem Publikum aufzubauen. In diesem Sinne ist es eine Art Schauspielkunst, ja.

Also dann lass mich das an dieser Stelle so ausdrücken. Kann man davon sprechen und sagen, weil eine Menge deiner Songs mehr oder weniger etwas mit der Liebe zu tun haben, dass du mit billigen Träumen hausieren gehst, wenn du über die Liebe singst oder gibt es etwas, woran du zu glauben magst, wenn du ständig die gleichen Lieder singst?

Liebe ist vielleicht ein billiger Traum, der uns über die Hollywoodfilme verkauft wird. Alle Liebesgeschichten haben dort ein Happy End, während im wirklichen Leben zwei von drei Ehen geschieden werden. Ich habe großartige Liebe erfahren, Liebe gefunden und verloren, leidenschaftliche Liebe erlebt. Ich denke, ich kann sehr wohl aus Erfahrung sprechen und darf mit Stolz behaupten, dass ich eine tolle Kummerkastentante für meine Freunde bin. Ich gebe ihnen am Telefon, beim Kaffee oder wo auch immer Ratschläge, aber wenn es mich selbst trifft, weiß ich nicht weiter. Das ist schon irrsinnig komisch. Ich glaube, Liebe ist etwas, das, wenn es dir zum ersten Mal passiert, du niemals wirklich vergessen wirst. Dieses plötzliche überwältigende Gefühl, dass jemand wirklich wichtiger ist als du selbst. Ich habe es selbst erlebt, daher meine ich, wenn ich über die Liebe singe, kann ich das Gefühl richtig verkaufen..... ein Liebeslied lässt sich besser vermarkten, aber es hilft Leuten auch, sich an die Zeit zurückzuerinnern, als sie vielleicht selbst mal verliebt waren. Es ist immer berechtigt, über die Liebe zu singen, denn es gibt immer eine neue Generation, die diese Erfahrungen gerade macht und ich hoffe, dass die Lieder den Leuten helfen, das Gefühl nicht zu verlieren. Es ist der Maßstab für das Leben, nicht wahr... die Liebe.

Ich erinnere mich, dass ich von einer äußerst delikaten und mysteriösen Notiz auf der Plattenhülle von "Colour All My Days" total begeistert war, in der du einer nicht näher spezifizierten Person für eine "a sweet sensation" gedankt hast ... wow!! Es war ebenfalls das Album, bei dem du mit Giorgio Moroder zusammengearbeitet hast. Auf der Plattenhülle hast du folgendes geschrieben, ich zitiere: "Musik ist für mich Unterhaltung, ein bisschen Glitzer in unserem Leben, ein Fünkchen Farbe in unserem Alltag. Oh wie süß das Gefühl..... Ein Lied kann dich zu Orten bringen, wo du noch nie gewesen bist , Orte, wo du dich hinsehnst und Orte, die wir eigentlich sehr gut kennen. Wir treffen uns dort......" Dazu könnte man hinzufügen: "anmaßend, ich?" Wie auch immer, was ich wissen möchte ist, wäre es nicht ehrlicher, anstelle von Liebe eher über Sinnlichkeit zu singen?

Junge, das ist schon fast 20 Jahre her. Wenn ich auf einige meiner frühen Notizen auf Plattenhüllen zurückblicke, schäme ich mich ein wenig dafür, denn ich glaube, zu dem Zeitpunkt waren sie wichtig für mich, allerdings hat niemand einen Scheißdreck darum gegeben. Ich vermute mal, ich war einfach typisch melodramatisch. Wie dem auch sei, ich denke, Sinnlichkeit und Liebe gehören untrennbar zusammen und die Interpretation, die bei allem was ich singe, mit einfließt, hängt vom jeweiligen Hörer ab.

Ja, das ist wahr. Wie empfänglich jemand für ein Lied ist, hängt von den Erfahrungen eines Menschen in der Liebe und im Leben ab, die dann bei der Interpretation des Songtextes mit einfließen. Das im Hinterkopf behaltend, lass uns einen Blick auf deinen Hit werfen, den du damals hattest, die erste Single, die du mit Giorgio Moroder aufgenommen hast - "The Neverending Story". Es ist vielleicht der Prototyp eines Songs über Optimismus, Erfüllung seiner Träume, ewige Hoffnung, dauerhafte Liebe und ich frage mich, ist es immer noch ein Teil deines Traums, wenn du es singst oder ist es mittlerweile, so hart es auch klingt, einfach ein Limahl Anhängsel? Worauf ich eigentlich hinaus will, gibt es einen Unterschied zwischen einem Künstler und einem Sänger?

Eigentlich ist es dieselbe Antwort wie davor. Ich glaube, dass ein Sänger und ein Künstler zu sein, wieder untrennbar zusammengehören. "Neverending Story" war einer jener großartigen kreativen Zufälle, über die man einfach stolpert. Es ist schon wirklich komisch. Man kann so viel Leidenschaft in das Schreiben von Songs, in das Arrangement, in die Teamarbeit der Schreiber, Tontechniker sowie des Produzenten reinstecken und innerhalb des Gesamtprozesses ist man hautnah dabei, wie bei einem Kunstwerk. Dann bist du zu dicht dran und musst wieder einen Schritt zurück, um einen richtigen Blick darauf zu werfen. Und "Neverending Story", nun, war insofern eine großartige Erfahrung, denn ich flog einfach nach München - Deutschland, nahm den Song auf und flog wieder zurück. Ich habe den Song nicht geschrieben und ich sang ihn bloß aus der Sicht eines professionellen Sängers, indem ich dafür meine Stimme hergab. Ich hatte einen vollen Terminkalender, ich flog irgendwie mit einem "Kater" nach Deutschland, ein bisschen nervös, da ich Monsieur Giorgio Moroder treffen sollte und nachdem ich wieder Zuhause war, hörte ich es mir auf meinem Ghettoblaster an und dachte “oh das ist jetzt aber nicht so gut wie die anderen Giorgio Moroder Songs, die ich mag”. Aber mein damaliger Manager Billy Gaff hatte irgendwie das besondere etwas erkannt und schwärmte davon und der Rest ist natürlich Geschichte. Das lehrte mich, dass ich jemanden treffen kann, ohne ihn gut zu kennen, mit ihm einen Song schreiben oder einen Song aufnehmen und dann einfach wieder gehen kann. Es muss nicht immer der lange emotionale Prozess vorhergehen, bei dem man an irgendeinem anregenden Ort eine Idee bekommt oder es in seinem Herzen fühlt. Es kann manchmal wie in einer kleinen Fabrik zugehen, wo es Gestalt annimmt. Mein Herz habe ich bei dem Gesang natürlich eingebracht und alle meine Jahre, die ich am Theater verbrachte und spielte, kamen in jener Plattenaufnahme zur Geltung. Um also wieder auf deine Frage zurückzukommen. Man braucht sowohl die Bestandteile eines Sängers als auch die eines Künstlers, damit man dem vorliegenden Song maximale Farbe und Glaubwürdigkeit verleihen kann.

Es scheint mir, um es mal etwas dramatischer auszudrücken, dass die Geschichte des Songs einige der monumentalsten dramatischsten Themen, die es überhaupt gibt, beinhaltet, und zwar ewiges Leben, Mystik...solch ein ausdrucksvoller Song für so viele Leute.

Ich rechne es Keith Forsey hoch an, denn als Texter hatte er den unangenehmen Auftrag, die Geschichte des gesamten Buchs in diesem 4-Minuten-Song aufzufangen. Jetzt ungefähr zwanzig Jahre später, weiß ich, als Songwriter, der manchmal wirklich dafür kämpfen musste, dass meine Arbeit Anerkennung fand, diesen Song als eine einfache Verkörperung der komplexen Erzählung dieses Films zu schätzen. Ich glaube, er hat sich sehr am Buch gehalten und es sehr gut eingefangen; es ist ein idealer Text für einen romantischen Filmsong.

Bist du also ein Sänger oder ein Künstler?

Ich glaube nicht, dass man das eine ohne das andere haben kann. Ich habe Künstler auf der Bühne gesehen, die wirklich kalt waren und ich habe Künstler gesehen, die durchaus anziehend waren. Die Inspiration erhältst du von letzterem. Ich habe mich immer damit gerühmt, ein großartiger kommunikativer Mensch zu sein. Ich habe die Art Stimme, von der einige Kritiker schwärmen und andere eben nicht. Man kann es eben nicht allen recht machen, so ist es nun mal und deshalb machst du einfach weiter.

Lass uns zu der Zeit vor "Too Shy" gehen, deiner ursprünglichen Anzeige im "Melody Maker", deinen Einflüssen aus der damaligen Zeit wie "Soft Cell", "Japan" und "Yazoo", also Bands, die ein Teil der aufkommenden post- Punk Szene waren . Diese Gruppen waren mit der elektronischen Musik sehr verbunden und alle wohl teilweise sehr gestörte Romantiker. Warum zogen dich diese Akts damals an? Du hast doch vorher erklärt, dass die wirklichen großen Einflüsse in deinem Leben der Motown war?

Sie waren modern und ich war ein Opfer der Mode; wenn es etwas neues gab, musste ich es haben und die ganze Synthie Geschichte, die gerade mit Human League und Soft Cell begann, hypnotisierte mich völlig. Beide Gruppen waren, das Wort hatte ich schon mal an anderer Stelle benutzt, magnetisch. Ein Typ wie Phil Oakey mit seiner nach einer Seite hängenden Frisur und rotem Lippenstift, seine Einflüsse waren offensichtlich die 70er, die wir alle durchlebten und in denen wir aufwuchsen, und natürlich die Androgynie eines Bowies und Bolans. Andere Einflüsse waren der schwarze Eyeliner und die melodramatischen Gesten von Marc Almond, die durch die Synthesizer unterstützt wurden. Dieser Sound erweckte mein Interesse genauso wie die Künstler selbst. Ich dachte, das spricht mich sicherlich eher an, ich meine, obwohl das Vermächtnis der Künstler zweifellos weiter lebt, war Motown 16 Jahre früher und war verschwunden.

Der erste kunstvolle futuristische Name von "Kajagoogoo" war "Art Nouveau", zu einer Zeit als du in jungen Jahren in Leighton Buzzard lebtest und die Stücke geprobt hast, und es gelang ihm, ziemlich optimistisch zu klingen. Es war ein Name, der vielleicht den Geist der Zeit einfing, der sich aber eigentlich auf einen Designstil vieler auffallend wertvoller alter Antiquitäten bezog. Wie passend es gekommen ist, nicht wahr? Bist du eine Antiquität?

Sie hießen bereits so, also mach mich nicht dafür verantwortlich! Auch trotz meiner Ausbildung hatte ich keine Ahnung was er bedeutete. Ich meine, da gab es Classics Nouveaux, Spandau Ballet usw., also war nichts falsch daran. Um ehrlich zu sein, mochte ich den Namen sogar. Sie hatten bereits eine Indie Single auf dem Markt, "Monochromatic". Ich glaube, er war bloß ein Wortspiel. Außerdem kannst du dir in etwa vorstellen, dass eine Gruppe von Musikern in einem Raum zusammensaßen und am Ende dabei The Rolling Stones oder The Beatles heraus kamen? Daher glaube ich, dass Art Nouveau, das "neue Kunst" bedeutet, möglicherweise etwas war, was sie erreichen wollten und wir es in gewisser Weise auch schafften. Wie auch immer, Antiquitäten sind was für Kenner, nicht wahr?

Wenn man über die 80er nachdenkt, gab es dort einen ganz anderen "Zeitgeist". Mir wird dieses Jahrzehnt immer als unglaublich farbenfroh in Erinnerung bleiben, nicht nur was die Mode oder das Verschmelzen der Geschlechteridentität betrifft, sondern dass man sein Leben im wahrsten Sinne durch seine eigenen Bemühungen umwandeln konnte. Wie denkst du darüber, ist alles nur ein Mythos?

Zu diesem Zeitpunkt, glaube ich, ging ich mit Scheuklappen durchs Leben, so wie man es bei Pferden sieht und ich habe nicht viel mitbekommen, was in der großen Welt um mich herum los war. Ich hatte nur diesen jugendlichen brennenden Ehrgeiz, musikalisch erfolgreich zu werden. Ruhm hatte eine Anziehungskraft und es schien alles so nah. Als ich im Embassy Club anfing und die ganzen Leute aus dem Fernsehen und der Presse traf, stellte ich fest, dass es auch nur Menschen so wie du und ich waren. Daher war damals die Idee, berühmt zu werden, nicht so ungewöhnlich, denn jeden Abend sah ich sie, während ich arbeitete. Die frühen 80er handelten über junge hoffnungsvolle Träume und wie du weißt, sagt man über mich, dass ich nie untätig herumsitzen konnte. Ich musste mich immer irgendwie beschäftigen!! Schon von frühester Kindheit an habe ich die Hecken geschnitten und an den Samstagen Brot ausgeliefert. Ich habe auch an unserem Krankenhaus Bingokarten von Wohltätigkeitsorganisationen verkauft und wurde dafür bezahlt, sie auf dem Grundstück herumzuführen. Ich erinnere mich noch, wie sich meine Eltern über mich lustig machten und sagten: "Eee, er wird immer Geld verdienen, indem er etwas macht, unser Chris". So war es auch so, als ich in London ankam und ich nicht lange auf die Dinge warten musste, die da kommen sollten. Ich arbeitete, schrieb Songs, sparte mein Geld und lies Demos anfertigen. Ich gab eine Anzeige auf und fand die Band, Leute interessierten sich und entschieden sich für uns. Das ist das, was der ganze Zeitraum für mich bedeutete. Ist das falsch, ich weiß nicht. Es kam mir nicht falsch vor. Vielleicht ist es wie mit dem unbeliebten Typen an der Schule, den man nie auf Partys einlädt, der es schafft, erfolgreich zu werden. Daher ja, ich denke, dass ich durch eigene Anstrengungen mein Leben veränderte.

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